Chap. 03
Then I shall be at rest, and then . . ." Prince Vasili smiled. "No, I won't promise that. You don't know how Kutuzov is pestered since his appointment as Commander in Chief.
→Dann würde ich ruhig sein können, dann würde …« Fürst Wassilij lächelte. »Das kann ich nicht versprechen. Sie wissen nicht, wie man Kutusow belagert, seit er Oberkommandierender ist.
He told me himself that all the Moscow ladies have conspired to give him all their sons as adjutants." "No, but do promise! I won't let you go! My dear benefactor . . ."
→Er hat selber zu mir gesagt, alle Moskauer Damen müßten sich verabredet haben, ihm ihre Söhne zu Adjutanten zu geben.« »Nein, versprechen Sie es mir nur. Ich lasse Sie nicht los, mein lieber Freund, mein Wohltäter.«
"Papa," said his beautiful daughter in the same tone as before, "we shall be late." "Well, au revoir! Good-bye! You hear her?" "Then tomorrow you will speak to the Emperor?"
→»Papa«, sagte die schöne Helene wieder im gleichen Ton, »wir kommen zu spät.« »Nun, au revoir, leben Sie wohl! Sehen Sie, ich muß jetzt gehen.« »Also werden Sie es morgen dem Kaiser sagen?«
"Certainly; but about Kutuzov, I don't promise." "Do promise, do promise, Vasilij!" cried Anna Michajlovna as he went, with the smile of a coquettish girl, which at one time probably came naturally to her, but was now very ill-suited to her careworn face
→»Bestimmt! Aber Kutusow zu bitten, verspreche ich nicht.« »Nein, versprechen Sie es doch, versprechen Sie es, Wassilij«, rief Anna Michailowna ihm nach mit dem Lächeln einer jungen Kokette, das ihr einstmals gut gestanden haben mochte, jetzt aber nicht zu ihrem abgehärmten Gesicht paßte.
Apparently she had forgotten her age and by force of habit employed all the old feminine arts.
→Sie schien ihre Jahre vergessen zu haben und führte nach alter Gewohnheit alle bekannten weiblichen Hilfsmittel ins Treffen.
Apparently she had forgotten her age and by force of habit employed all the old feminine arts.
→Als der Fürst hinausgegangen war, nahm ihr Gesicht wieder denselben kalten, heuchlerischen Ausdruck an, den es vorher getragen hatte.
She returned to the group where the vicomte was still talking, and again pretended to listen, while waiting till it would be time to leave. Her task was accomplished.
→Sie kehrte zu der Gruppe zurück, wo der Vicomte in seiner Erzählung fortfuhr, und tat wieder, als ob sie zuhörte, während sie doch nur darauf wartete, fortgehen zu können, da ihre Sache nunmehr erledigt war.
"AND what do you think of this latest comedy, the coronation at Milan?" asked Anna Pavlovna, "and of the comedy of the people of Genoa and Lucca laying their petitions before Monsieur Buonaparte,
→»Wie finden Sie nur diese ganze letzte Krönungskomödie in Mailand?« fragte Anna Pawlowna. »Und nun noch diese neue Komödie: Die Einwohner von Genua und Lucca tragen Herrn Bonaparte, der auf dem Thron sitzt, ihre Anliegen vor, und er erfüllt die Wünsche der Nationen.
and Monsieur Buonaparte sitting on a throne and granting the petitions of the nations? Adorable! It is enough to make one's head whirl! It is as if the whole world had gone crazy."
→Die Einwohner von Genua und Lucca tragen Herrn Bonaparte, der auf dem Thron sitzt, ihre Anliegen vor, und er erfüllt die Wünsche der Nationen. Adorable! Non, mais c’est à devenir folle! ( Man könnte meinen, die ganze Welt habe den Kopf verloren).
Prince Andrew looked Anna Pavlovna straight in the face with a sarcastic smile. "Dieu me la donne, gare à qui la touche".
→« Fürst Andrej sah Anna Pawlowna gerade ins Gesicht und lächelte. »Dieu me la donne, gare à qui la touche(Der Gott hat mir sie gegeben; wehe dem, der sie berührt)«, sagte er, die Worte Bonapartes wiederholend, die er beim Aufsetzen der Krone gesprochen hatte.
They say he was very fine when he said that," he remarked, repeating the words in Italian:
→ »Man sagt, er habe sehr schön ausgesehen, als er diese Worte sprach«, fügte er hinzu und sagte es noch einmal auf italienisch:
"Dio mi la dona, guai achi la tocca." "I hope this will prove the last drop that will make the glass run over,"
→»Dio mi la dona, guai a chi la tocca.« »Ich hoffe«, fuhr Anna Pawlowna fort, »daß dies endlich der Tropfen gewesen ist, der das Glas zum Überlaufen bringen wird.
Anna Pavlovna continued. "The sovereigns will not be able to endure this man who is a menace to everything." I do not speak of Russia," said the vicomte, polite but hopeless:
→Die Herrscher können diesen Menschen, der alles bedroht, nicht mehr ertragen.« »Die Herrscher? Ich spreche nicht von Rußland«, sagte der Vicomte höflich, aber in hoffnungslosem Ton.
"The sovereigns, madame . . . What have they done for Louis XVII, for the Queen, or for Madame Elizabeth? Nothing!".
→»Les souverains, madame! … (Herrscher, Madam!) Was haben sie denn für Ludwig XVI. für die Königin und für Elisabeth getan? Nichts!« fuhr er, sich ereifernd, fort.
and he became more animated. " And believe me, they are reaping the reward of their betrayal of the Bourbon cause.
→»Und glauben Sie mir, sie erleiden jetzt ihre Strafe für den Verrat an der Sache der Bourbonen.
The sovereigns! Why, they are sending ambassadors to compliment the usurper."
→Die Herrscher? Sie schicken Gesandte zu dem Usurpator, um ihm Komplimente zu machen.
And sighing disdainfully, he again changed his position. Prince Hippolyte, who had been gazing at the vicomte for some time through his lorgnette, suddenly turned completely round toward the little princess, and having asked for a needle began tracing the Condé coat of arms on the table.
→« Und verächtlich aufseufzend änderte er seine Haltung. Fürst Hippolyt, der den Vicomte lange durch seine Lorgnette angesehen hatte, drehte sich bei diesen Worten plötzlich mit einem Ruck nach der kleinen Fürstin um, bat sie um ihre Nadel und zeigte ihr nun das Wappen der Conde, indem er es mit der Nadel auf den Tisch zeichnete.
He explained this to her with as much gravity as if she had asked him to do it.
→Er erklärte ihr dieses Wappen mit einer so wichtigen Miene, als ob die Fürstin ihn darum gebeten hätte.
"Bâton de gueules, engrêlé de gueules d’azur – maison Condé" said he. The princess listened, smiling.
→»Bâton de gueules, engrêlé de gueules d’azur – maison Condé(Die rote Streife mit der Tilde begrenzt und im rotblauen gestreiften Feld eingesetzt)«, sagte er. Die Fürstin hörte lächelnd zu.
"If Buonaparte remains on the throne of France a year longer," the vicomte continued, with the air of a man who, in a matter with which he is better acquainted than anyone else, does not listen to others but follows the cur-rent of his own thoughts, "things will have gone too far.
→»Wenn Bonaparte noch ein Jahr auf dem Thron Frankreichs bleibt«, fuhr der Vicomte in seiner Rede fort, wie ein Mensch, der andere nicht hört, sondern in einer Sache, die ihm besser bekannt ist als allen, nur seinem eigenen Gedankengang folgt, »so wird es zu spät sein.
Intrigues, violence, exile, and executions will rule French society. I mean good French society will have been forever destroyed, and then . . ."
→Durch Intrigen, Gewalttaten, Vertreibungen und Todesstrafen wird die ganze französische Gesellschaft – ich meine die gute Gesellschaft – für immer vernichtet werden, und dann …
He shrugged his shoulders and spread out his hands. Pierre wished to make a remark, for the conversation interested him, but Anna Pavlovna, who had him under observation, interrupted:
→« Er zuckte mit den Schultern und breitete die Arme aus. Pierre wollte gerade etwas sagen – das Gespräch interessierte ihn –, aber Anna Pawlowna, die ihn überwachte, ließ ihn nicht dazu kommen.
„Car Alexandr,“ pravila se smutkem, který doprovázel každou její zmínku o panovnické rodině, „prohlásil, že nabídne Francouzům, aby si sami zvolili způsob vlády.
→"The Emperor Alexander," said she, with the melancholy which always accompanied any reference of hers to the Imperial family, "has declared that he will leave it to the French people themselves to choose their own form of government;
and I believe that once free from the usurper, the whole nation will certainly throw itself into the arms of its rightful king," she concluded, trying to be amiable to the royalist emigrant.
→Und ich glaube, es besteht kein Zweifel darüber, daß sich die ganze Nation, wenn sie sich von dem Usurpator befreit hat, in die Arme des rechtmäßigen Königs werfen wird«, fügte sie hinzu und wollte hiermit dem Vicomte als Emigranten und Royalisten etwas Liebenswürdiges sagen.
"That is doubtful," said Prince Andrew. "Monsieur le Vicomte quite rightly supposes that matters have already gone too far.
→»Das kann man bezweifeln«, erwiderte Fürst Andrej. »Der Herr Vicomte urteilt ganz richtig, wenn er sagt, daß es dann schon zu spät sein wird.
I think it will be difficult to return to the old regime." "From what I have heard," said Pierre, blushing and breaking into the conversation, "almost all the aristocracy has already gone over to Bonaparte's side."
→Ich glaube, es wird schwer halten, wieder zum alten Zustand zurückzukehren.« »Soweit ich gehört habe«, mischte sich jetzt auch Pierre errötend in das Gespräch, »ist bereits der ganze Adel auf Napoleons Seite getreten.«
"It is the Buonapartists who say that," replied the vicomte without looking at Pierre. "At the present time it is difficult to know the real state of French public opinion."
→»Das sagen die Bonapartisten«, bemerkte der Vicomte, ohne Pierre anzusehen. »Es ist jetzt schwer, etwas Richtiges über die öffentliche Meinung Frankreichs zu erfahren.«
-"Bonaparte has said so," remarked Prince Andrew with a sarcastic smile. It was evident that he did not like the vicomte and was aiming his remarks at him, though without looking at him.
→»Bonaparte l’a dit«, sagte Fürst Andrej lächelnd. Es war offenbar, daß der Vicomte ihm nicht gefiel und daß er an ihn seine Worte richtete, wenn er ihn auch nicht ansah.
"I showed them the path to glory, but they did not follow it," Prince Andrew continued after a short silence, again quoting Napoleon's words. "I opened my antechambers and they crowded in."
→»Je leur ai montré le chemin de la gloire (Ich habe ihnen den Weg zum Ruhm gezeigt,) «, sagte er nach kurzem Schweigen, die Worte Napoleons wiederholend, »ils n’en ont pas voulu; je leur ai ouvert mes antichambres, ils se sont précipités en foule …
I do not know how far he was justified in saying so." "Not in the least," replied the vicomte.
→Ich weiß nicht, bis zu welchem Grad er ein Recht hatte, das zu sagen.«
"After the murder of the due even the most partial ceased to regard him as a hero.
→»Nach der Ermordung des Herzogs haben sogar seine eifrigsten Anhänger aufgehört, in ihm einen Helden zu sehen.
If to some people," he went on, turning to Anna Pav- lovna,
→Und wenn er wirklich für manche ein Held gewesen ist«, sagte der Vicomte, indem er sich an Anna Pawlowna wandte, »
"he ever was a hero, after the murder of the due there was one martyr more in heaven and one hero less on earth."
→so steht doch immerhin soviel fest: nach der Ermordung des Herzogs gibt es einen Märtyrer mehr im Himmel und einen Helden weniger auf Erden.
Before Anna Pavlovna and the others had time to smile their appreciation of the vicomte's epigram, Pierre again broke into the conversation, and though Anna Pavlovna felt sure he would say something inappropriate, she was unable to stop him.
→« Anna Pawlowna und die anderen Gäste waren noch nicht dazu gekommen, diese Worte des Vicomte mit einem Lächeln beifällig zu würdigen, als sich wieder Pierre ins Gespräch mischte. Anna Pawlowna, die zwar schon ahnte, daß er etwas Ungehöriges sagen werde, konnte ihn doch nicht mehr zurückhalten.
"The execution of the Duc d'Enghien," declared Monsieur Pierre, "was a political necessity, and it seems to me that Napoleon showed greatness of soul by not fearing to take on himself the whole responsibility of that deed."
→»Die Hinrichtung des Herzogs von Enghien«, sagte Pierre, »war eine Staatsnotwendigkeit, und ich sehe gerade hierin eine Seelengröße, daß Napoleon die ganze Verantwortung für diese Tat auf sich genommen hat.«
-"Dieu! Mon Dieu!" muttered Anna Pavlovna in a terrified whisper.
→»Dieu, mon Dieu«, flüsterte ängstlich Anna Pawlowna.
"What, Monsieur Pierre . . . Do you consider that assassination shows greatness of soul?" said the little princess, smiling and drawing her work nearer to her.
→»Wie, Monsieur Pierre? Sie finden in einer Ermordung Seelengröße?« fragte die kleine Fürstin lächelnd und zog ihre Handarbeit näher zu sich heran.
"Oh! Oh!" exclaimed several voices. "Capital!" said Prince Hippolyte in English, and began slapping his knee with the palm of his hand.
→»Ah, ah!« riefen verschiedene Stimmen. »Capital!« sagte Fürst Hippolyt auf englisch und schlug sich mit der flachen Hand auf das Knie.
The vicomte merely shrugged his shoulders. Pierre looked solemnly at his audience over his spectacles and continued.
→Der Vicomte zuckte nur die Schultern. Pierre sah triumphierend die Zuhörer durch seine Brille an.
"I say so," he continued desperately, "because the Bourbons fled from the Revolution leaving the people to anarchy, and Napoleon alone understood the Revolution and quelled it, and so for the general good, he could not stop short for the sake of one man's life."
→»Ich sage das«, fuhr er mutig fort, »weil die Bourbonen vor der Revolution davongelaufen sind und das Volk der Anarchie überlassen haben. Bonaparte allein hat es verstanden, die Revolution richtig zu begreifen, sie zu besiegen, und deshalb konnte er um des allgemeinen Wohles willen nicht vor dem Leben eines einzelnen Menschen haltmachen.«
"Won't you come over to the other table?" suggested Anna Pavlovna, But Pierre continued his speech without heeding her.
→»Wollen Sie nicht zu dem andern Tisch herüberkommen?« fragte Anna Pawlowna. Aber Pierre fuhr in seiner Rede fort, ohne ihr eine Antwort zu geben.
"No," cried he, becoming more and more eager, "Napoleon is great because he rose superior to the Revolution, suppressed its abuses, preserved all that was good in it - equality of citizenship and freedom of speech and of the press and only for that reason did he obtain power."
→»Nein«, sagte er, immer lebhafter werdend, »Napoleon ist groß, weil er über der Revolution steht, ihre Ausschreitungen unterdrückt und nur das Gute beibehalten hat: die Gleichheit der Bürger, die Freiheit des Wortes und der Presse – und nur dadurch hat er diese Macht erlangt.«
"Yes, if having obtained power, without availing himself of it to commit murder he had restored it to the rightful king, I should have called him a great man," remarked the vicomte.
→»Ja, wenn er nur die Macht an sich gerissen, sie nicht zu Totschlag mißbraucht und sie dann dem rechtmäßigen König zurückgegeben hätte«, sagte der Vicomte, »dann würde ich ihn einen großen Mann nennen.«
"He could not do that. The people only gave him power that he might rid them of the Bourbons and because they saw that he was a great man.
→»Er hätte das gar nicht tun können. Das Volk hat ihm ja die Macht nur deshalb übertragen, damit er es von den Bourbonen befreie, und auch noch aus dem Grund, weil es in ihm einen großen Mann sah.
The Revolution was a grand thing!" continued Monsieur Pierre, betraying by this desperate and provocative proposition his extreme youth and his wish to express all that was in his mind.
→Die Revolution war eine große Tat«, fuhr Pierre fort und zeigte durch diese kühne und herausfordernde Behauptung seine große Jugend und das Bestreben, alles möglichst vollständig und offenherzig herauszusagen.
"What? Revolution and regicide a grand thing? . . . Well, after that . . . But won't you come to this other table?" repeated Anna Pavlovna.
→»Revolution und Königsmord eine große Tat? Dann freilich … nein, möchten Sie nicht zu dem andern Tisch herüberkommen?« wiederholte Anna Pawlowna.
"Rousseau's Contrat social," said the vicomte with a tolerant smile. "I am not speaking of regicide, I am speaking about ideas."
→»Contrat social(Sozialvertrag)«, bemerkte mit sanftem Lächeln der Vicomte. »Ich spreche hier nicht vom Königsmord, ich spreche nur von der Idee.«
"Yes: ideas of robbery, murder, and regicide," again interjected an ironical voice.
→»Ja, von der Idee des Raubes, des Totschlags und des Königsmordes«, unterbrach ihn wieder eine ironische Stimme.
"Those were extremes, no doubt, but they are not what is most important. What is important are the rights of man, emancipation from prejudices, and equality of citizenship, and all these ideas Napoleon has retained in full force."
→»Das waren Auswüchse, das versteht sich von selbst. Aber in ihnen liegt ja nicht die eigentliche Bedeutung der Revolution, sondern in der Erweiterung der Menschenrechte, im Freimachen von Vorurteilen und in der Gleichheit der Bürger. Und alle diese Ideen hat Napoleon in ihrer ganzen Kraft aufrechterhalten.«
"Liberty and equality," said the vicomte contemptuously, as if at last deciding seriously to prove to this youth how foolish his words were, "high-sounding words which have long been discredited.
→»Freiheit und Gleichheit«, sagte verächtlich der Vicomte, als ob er sich endlich entschlossen hätte, diesem Jüngling die ganze Torheit seiner Worte ernsthaft zu beweisen. »Alles nur tönende Worte, die schon längst anrüchig geworden sind.
Who does not love liberty and equality? Even our Saviour preached liberty and equality.
→Wer liebt denn nicht Freiheit und Gleichheit. Schon unser Erlöser hat Freiheit und Gleichheit gepredigt.
Have people since the Revolution become happier? On the contrary. We wanted liberty, but Buonaparte has destroyed it." Prince Andrew kept looking with an a mused smile from Pierre to the vicomte and from the vicomte to their hostess.
→Sind die Menschen nach der Revolution etwa glücklicher geworden? Im Gegenteil! Wir wollen die Freiheit, aber Bonaparte hat sie vernichtet.« Fürst Andrej blickte lächelnd bald Pierre, bald den Vicomte, bald die Dame des Hauses an.
In the first moment of Pierre's outburst Anna Pavlovna, despite her social experience, was horrorstruck. But when she saw that Pierre's sacrilegious words had not exasperated the vicomte, and had convinced herself that it was impossible to stop him, she rallied her forces and joined the vicomte in a vigorous attack on the orator.
→ Aber als sie sah, daß der Vicomte trotz der gotteslästerlichen Reden Pierres nicht außer sich geriet, und sie sich überzeugt hatte, daß man diese Reden nicht mehr beschönigen konnte, da nahm sie ihre Kräfte zusammen, schlug sich auf die Seite des Vicomte und fiel über den kühnen Redner her.
"But, my dear Monsieur Pierre," said she, "how do you explain the fact of a great man executing a due or even an ordinary man who is innocent and untried?"
→»Mais mon cher monsieur Pierre«, fing Anna Pawlowna an, »wie können Sie einen Menschen für einen großen Mann erklären, der einen Herzog, oder sagen wir einfach: irgendeinen Menschen hinrichten lassen konnte, schuldlos und ohne ihn vor ein Gericht zu stellen?«
"I should like," said the vicomte, "to ask how monsieur explains the 18th Brumaire; was not that an imposture? It was a swindle, and not at all like the conduct of a great man!"
→»Ich möchte dann noch fragen«, sagte der Vicomte, »wie Sie den 18. Brumaire erklären wollen? War das etwa kein Betrug? Das war ein ganz unehrenhaftes Vorgehen, das mit der Handlungsweise eines großen Mannes gar nichts gemein hat.«
"And the prisoners he killed in Africa? That was horrible!" said the little princess, shrugging her shoulders.
→»Und die Gefangenen in Afrika, die er hinrichten ließ«, sagte die kleine Fürstin. »Das ist doch schrecklich!« und sie zuckte mit den Schultern.
"He's a low fellow, say what you will," remarked Prince Hippolyte. Pierre, not knowing whom to answer, looked at them all and smiled.
→»Er ist eben ein Emporkömmling, man kann sagen, was man will«, warf Fürst Hippolyt ein. Pierre, der nicht wußte, wem er antworten sollte, sah alle an und lächelte.
His smile was unlike the half-smile of other people. When he smiled, his grave, even rather gloomy, look was instantaneously replaced by another a childlike, kindly, even rather silly look, which seemed to ask forgiveness.
→Sein Lächeln war nicht so wie das anderer Leute, wo es meist eine Verschmelzung von Ernst und Heiterkeit ist. Wenn er lächelte, so verschwand der ernste und sogar etwas mürrische Ausdruck von seinem Gesicht, und es erschien etwas anderes, etwas Kindliches, Gutes, sogar etwas Einfältiges, das gleichsam um Verzeihung bat.
The vicomte who was meeting him for the first time saw clearly that this young Jacobin was not so terrible as his words suggested. All were silent.
→Dem Vicomte, der ihn zum erstenmal sah, wurde es klar, daß dieser Jakobiner durchaus nicht so fürchterlich war wie seine Worte. Alle schwiegen.
"How do you expect him to answer you all at once?" said Prince Andrew.
→»Wie soll er denn allen auf einmal antworten«, sagte Fürst Andrej.
"Besides, in the actions of a statesman one has to distinguish between his acts as a private person, as a general, and as an emperor. So it seems to me."
→»Außerdem muß man bei den Handlungen eines Staatsmannes unterscheiden, was er als Privatmann und was er als Heerführer oder Kaiser getan hat.
"Yes, yes, of course!" Pierre chimed in, pleased at the arrival of this reinforcement.
→Das muß man meiner Meinung nach tun.« »Ja, ja, gewiß«, fiel Pierre ein, erfreut, daß ihm plötzlich Hilfe nahte.
"One must admit," continued Prince Andrew, "that Napoleon as a man was great on the bridge of Arcola, and in the hospital at Jaffa where he gave his hand to the plague-stricken; but . . . but there are other acts which it is difficult to justify."
→»Man muß zugeben«, fuhr Fürst Andrej fort, »daß sich Napoleon als Mensch oft groß gezeigt hat, auf der Brücke von Arcole, im Krankenhaus zu Jaffa, wo er den Pestkranken die Hand gab; aber … aber es gibt da auch Handlungen, die man kaum rechtfertigen kann.«
Prince Andrew, who had evidently wished to tone down the awkwardness of Pierre's remarks, rose and made a sign to his wife that it was time to go.
→Fürst Andrej wollte augenscheinlich die ungeschickten Worte Pierres etwas mildern. Er stand auf und schickte sich an fortzugehen, indem er seiner Frau zuwinkte.
Suddenly Prince Hippolyte started up making signs to everyone to attend, and asking them all to be seated began:
→Da erhob sich auch Fürst Hippolyt, hielt durch eine Handbewegung alle zurück und bat, sich noch einmal hinzusetzen. Dann sagte er:
"I was told a charming Moscow story today and must treat you to it.
→»Heute hat man mir eine Anekdote aus Moskau erzählt, reizend! Ich muß sie Ihnen mitteilen.
Excuse me, Vicomte I must tell it in Russian or the point will be lost. . . ." And Prince Hippolyte began to tell his story in such Russian as a Frenchman would speak after spending about a year in Russia.
→Vous m’excusez (Entschuldigung), vicomte. Ich muß das russisch erzählen, sonst geht die Pointe verloren. Und Fürst Hippolyt begann nun russisch zu reden, und zwar in einer Art, wie sie Franzosen eigen ist, die etwa ein Jahr lang in Rußland gewesen sind.
Everyone waited, so emphatically and eagerly did he demand their attention to his story.
→Alle waren stehen geblieben, so lebhaft und eindringlich hatte Fürst Hippolyt Aufmerksamkeit für seine Geschichte gefordert.
"There is in Moscow a lady, une dame, and she is very stingy. She must have two footmen behind her carriage, and very big ones. That was her taste.
→»In Moskau ist eine Dame. Und sie ist sehr geizig. Sie braucht zwei Diener für ihren Wagen, und zwar sehr große. Das war ihr Geschmack.
And she had a lady's maid, also big. She said . . ." Here Prince Hippolyte paused, evidently collecting his ideas with difficulty.
→Und sie hatte une femme de chambre(eine Putzfrau), die war größer noch. Sie sagte …« Hier dachte Fürst Hippolyt nach. Augenscheinlich mußte er mühsam überlegen, wie es nun weiterging.
"She said ... Oh yes! She said, "Girl," to the maid, "put on a livery, get up behind the carriage, and come with me while I make some calls "
→»Sie sagte … ja, sie sagte: ›Mädchen, zieh dich Livree an, und dann fährst du mit mir, hinter das Wagen, faire des visites(zu Besuch).‹
Here Prince Hippolyte spluttered andburst out laughing long before his audience, which produced an effect unfavorable to the narrator.
→« Hier prustete Fürst Hippolyt los und brach, weit früher als seine Zuhörer, in lautes Gelächter aus, was einen für den Erzähler nicht vorteilhaften Eindruck machte.
Several persons, among them the elderly lady and Anna Pavlovna, did however smile. "She went. Suddenly there was a great wind.
→Viele jedoch lächelten, darunter auch die ältliche Dame und Anna Pawlowna. »Sie fuhr. Plötzlich war großer Wind.
The girl lost her hat and her long hair came down. . . ." Here he could contain himself no longer and went on, between gasps of laughter: "
→Das Mädchen verlor Hut, und die langen Haare waren auseinander …« Hier konnte er nicht mehr an sich halten. Er lachte glucksend und stieß nur durch dieses Lachen noch hervor:
"And the whole world knew. . . ." And so the anecdote ended. Though it was unintelligible why he had told it, or why it had to be told in Russian, still Anna Pavlovna and the others appreciated Prince Hippolyte's social tact in so agreeably ending Pierre's unpleasant and unamiable outburst.
→»Und alle merkten …« Hiermit war die Anekdote zu Ende. Wenn auch niemand verstanden hatte, warum er sie eigentlich, und noch dazu ausgerechnet auf russisch, erzählt hatte, so wußten doch Anna Pawlowna und die andern Gäste die weltmännische Liebenswürdigkeit des Fürsten Hippolyt zu schätzen, der so geschickt die unangenehmen und schroffen Entgleisungen Monsieur Pierres zu verdecken gewußt hatte.
After the anecdote the conversation broke up into insignificant small talk about the last and next balls, about theatricals, and who would meet whom, and when and where.
→Nach dieser Anekdote flachte die Unterhaltung in kleine, unbedeutende Plaudereien ab, über den künftigen und den vorigen Ball, über das Theater und darüber, wo und wann man sich wiedersehen werde.
Having thanked Anna Pavlovna for her "charming soirée", the guests began to take their leave.
→Die Gäste dankten Anna Pawlowna für den reizenden Abend und entfernten sich.
Pierre was ungainly. Stout, about the average height, broad, with huge red hands; he did not know, as the saying is, how to enter a drawing room and still less how to leave one;
→Wieder zeigte sich Pierre recht unbeholfen. Groß, dick und breit, wie er war, mit ungeheuren roten Händen, verstand er es nicht, wie man so sagt, einen Salon zu betreten, noch weniger aber, ihn zu verlassen, das heißt:
that is, how to say something particularly agreeable before going away. Besides this he was absentminded.
→vor dem Fortgehen irgend etwas besonders Nettes zu sagen. Zudem war er noch so zerstreut,
Besides this he was absentminded.When he rose to go, he took up instead of his own, the general's three-cornered hat, and held it, pulling at the plume, till the general asked him to restore it.
→daß er, als er sich erhob, statt seines Hutes einen Dreimaster mit Generalsfedern nahm und an ihm und an den Federn herumzupfte, bis der General ihn sich zurückerbat.
All his absent mindedness and inability to enter a room and converse in it was, however, redeemed by his kindly, simple, and modest expression.
→ Aber diese Zerstreutheit und Unkenntnis, wie man einen Salon zu betreten hat und was man dort reden muß, wurden wettgemacht durch seine große Gutmütigkeit, Einfachheit und Bescheidenheit.
Anna Pavlovna turned toward him and, with a Christian mildness that expressed forgiveness of his indiscretion, nodded and said:
→Anna Pawlowna wandte sich nach ihm um, nickte ihm mit christlicher Sanftmut zu, wodurch sie ihm seine Entgleisungen verzieh, und sagte:
"I hope to see you again, but I also hope you will change your opinions, my dear Monsieur Pierre."
→»Ich hoffe Sie nun öfter zu sehen, aber ich hoffe auch, daß Sie Ihre Meinungen ändern werden, mein lieber Monsieur Pierre.«
"Opinions are opinions, but you see what a capital, good-natured fellow I am." And everyone, including Anna Pavlovna, felt this.
→Pierre antwortete nichts darauf, verneigte sich nur und zeigte noch einmal allen sein Lächeln, das nichts anderes besagte als höchstens:
"Opinions are opinions, but you see what a capital, good-natured fellow I am." And everyone, including Anna Pavlovna, felt this.
→Es gibt nun einmal verschiedene Meinungen, aber Sie sehen ja, was für ein guter und prächtiger Junge ich bin.
A všichni, i sama Anna Pavlovna, mu mimoděk dali za pravdu.
→ Und alle, auch Anna Pawlowna, fühlten das.
Prince Andrew had gone out into the hall, and, turning his shoulders to the footman who was helping him on with his cloak, listened indifferently to his wife's chatter with Prince Hippolyte who had also come into the hall.
→Fürst Andrej ging in das Vorzimmer, hielt dem Lakaien, der ihm den Mantel umhängte, seinen Rücken hin, und hörte gleichgültig dem Geplauder seiner Frau mit dem Fürsten Hippolyt zu, der ebenfalls ins Vorzimmer getreten war.
Prince Hippolyte stood close to the pretty, pregnant princess, and stared fixedly at her through his eyeglass.
→Fürst Hippolyt stand neben der hübschen, schwangeren Fürstin und sah sie unverwandt durch seine Lorgnette an.
"Go in, Annette, or you will catch cold," said the little princess, taking leave of Anna Pavlovna.
→»Gehen Sie hinein, Annette, Sie werden sich erkälten«, sagte die kleine Fürstin und verabschiedete sich von Anna Pawlowna.
"It is settled," she added in a low voice. Anna Pavlovna had already managed to speak to Lise about the match she contemplated between Anatole and the little princess' sister-in-law.
→»Also wir sind einig«, fügte sie mit leiser Stimme hinzu. Anna Pawlowna hatte schon mit Lisa über die Heirat gesprochen, die sie zwischen Anatol und der Schwägerin der kleinen Fürstin zustandebringen wollte.